Projekte im 1.Handlungsfeld
1. Handlungsfeld: Lebensumwelt gestalten/ Brücken in die Zukunft

Erinnern für die Zukunft

In diesem Projekt gestalten Schüler*innen der Fachschule Sozialpädagogik die Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag im Alten Landtag Oldenburg. Während der Feier zum Volkstrauertag wenden sich die Schüler*innen an das öffentliche Publikum, dem das Geschehen und Erinnern an die Folgen von Krieg und Gewaltherrschaft, Rassismus und Extremismus bis in die Gegenwart wichtig ist.

In diesem Kontext bilden sowohl die Vergangenheit als auch die tägliche Realität für die angehenden Erzieher*innen eine Herausforderung für die Zukunft ab, denn es gilt angesichts Millionen Kriegstoter zu lernen.

Ziel ist es hierbei, sowohl die thematische Auseinandersetzung und Bearbeitung als auch die Relevanz für die Zukunft zu verdeutlichen. Die Schüler*innen erhalten somit Kompetenzen, die sie in ihrem späteren Berufsfeld als sogenannte Multiplikaror*innen umsetzen können.

Das Projekt leistet einen Beitrag zum BNE-Ziel 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen, indem es durch die thematische Auseinandersetzung/Aufarbeitung und die verinnerlichte soziale Erfahrung eine nachhaltige Entwicklung hin zu einer friedlichen Gesellschaft fördert.

Durch die regelmäßige Zusammenarbeit soll die schon vorhandene Beziehung zwischen der BBS Ammerland und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. (Bezirksverband Weser-Ems) weiter fortgesetzt und gestärkt werden.

Homosexualität in der NS-Zeit

Volkstrauertag 2023

Im Jahr 2023 haben sich angehende Erzieher*innen mit dem Thema „Homosexualität in der NS-Zeit“ beschäftigt. Dabei nahmen die Schüler*innen Teile der Geschichte und den Lebensweg von Karl Gorath in den Fokus, der am 12. Dezember 1912 in Bad Zwischenahn geboren und in der NS-Zeit aufgrund seiner Homosexualität nach § 175 verfolgt und verurteilt wurde.

Dem Publikum im Alten Landtag Oldenburg wurden einige Ausschnitte aus Karl Goraths Leben gezeigt.

Hier verlief alles zunächst friedlich, drei homosexuelle Paare liefen fingerhaltend über die Bühne, bevor sie mit erhobenen Fäusten und Gepöbel von der Gesellschaft (restliche Klassenmitglieder) bedroht und mit Papierkugeln beworfen wurden. Es folgte der Verrat und Karl Gorath wurde verhaftet. Der Richter sprach das Urteil: „Im Namen des Volkes verurteile ich Sie, Karl Gorath, wegen widernatürlicher Unzucht nach § 175 StGB." Karl Gorath wurde mit einem Rosa Winkel gekennzeichnet und abgeführt. Es folgten die Deportationen 1942 nach Neuengamme und 1943 nach Auschwitz. Der 1943 nach Auschwitz deportierte Karl Gorath wurde als ausgebildeter Krankenpfleger im Konzentrationslager in seinem Beruf für die Pflege der Inhaftierten eingesetzt. Daraufhin wurde ihm der Wechsel vom Rosa Winkel zu einem Roten Winkel zugestanden. Dies bedeutete, dass er von nun an als politischer Gefangener galt. Somit war er nicht mehr so stark der Willkür und Brutalität der Mitinhaftierten sowie der Nationalsozialisten ausgesetzt – er war nicht mehr als Homosexueller mit Rosa Winkel gekennzeichnet. 1945 wurde Karl Gorath aus der Gefangenschaft befreit.

Demo zur Abschaffung

Anschließend demonstrierten alle Schüler*innen der Klasse, in bunten T-Shirts gekleidet und mit Demo-Schildern ausgestattet für die Abschaffung des § 175. Dem wurde entsprochen und eine große Regenbogenflagge wurde ausgerollt. Das präsentierte Abschlusslied endete mit dem Tenor: ICH BIN ICH.

Pöbeln

Abschlussbotschaft: „In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verkündet wurde, wurden in 30 Artikeln bürgerliche, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte formuliert (BMZ 2023). Die nun 193 Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen auf die allgemeine Achtung und Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten hinzuwirken (Amnesty International 2023).

Mit Blick auf Karl Gorath wurden 17 Menschrechte nicht eingehalten! Er wurde behandelt, wie niemand von uns behandelt werden möchte. Er wurde gejagt, geschlagen, gefoltert, diskriminiert, ungerecht behandelt, er durfte seine Meinung nicht äußern, er durfte nicht so leben, wie er es wollte, er hatte kein Recht auf Würde. Er wurde nach § 175 verurteilt, mehrfach!

Dennoch, er hat das Grauen überlebt – Karl Gorath starb 2003 im Alter von 90 Jahren.

Appell: Niemand sollte mehr hinsichtlich der sexuellen Orientierung verurteilt werden, denn Sexualität ist ein Menschenrecht.

Zum Abschluss küssten sich zwei Schülerinnen auf der Bühne.

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